Die Margen kennen zurzeit nur eine Richtung: nach unten. Das Asset Management macht es vor, Size matters. Mit den neusten Aquisitionen und Zusammenschlüssen wie von BNP Paribas und AXA IM. Wer will in so einer Lage schon auf neue Produkte setzen? Die ganze Entwicklung ist doch viel zu teuer. Dazu noch möglichst kurze Time to Market und nach der Lancierung so schnell wie möglich eine signifikantes Volumen erreichen? Lieber nicht, oder? Auf Nummer sicher gehen und erst mal rationalisieren und abwarten...
Warum wir das differenzierter sehen? Lesen Sie hier.
Was ist die Marge ?
Egal, ob Sie intern von Deckungsbeitrag, Fee oder Marge sprechen, gemeint ist das, was nach Kosten übrigbleibt. Der Gewinn pro verkaufter Produkteinheit oder Volumen als Verhältnis von Kosten zu Ertrag.
Noch mehr Druck
Zwei zentrale Bewegungen verstärken diesen Trend. Zum einen steigende Anforderungen, wie Regulierung und Compliance, und auch Kundenanforderungen. Somit fällt mehr Aufwand in Form von Prozessen, Kontrollen und Dokumentation an, was sich dann in einer Erhöhung der Fixkosten niederschlägt. Diese höheren Fixkosten können bei neuen Produkten mit kleinem Verkaufsvolumen zu Beginn überproportional ins Gewicht fallen.
Die zweite Bewegung ist der Preiswettbewerb im Markt. Einer der ersten Betriebswirtschafts- Grundsätze ist in der Positionierung gibt es im Modell zwei Achsen und somit zwei Möglichkeiten: entweder Differenzierung oder Kostenführerschaft. Wer sich nicht klar zu positionieren weiss, oder dessen Positionierung sich verwässert ist «stuck in the middle». Nach dem gängigen Modell bedeutet das über kurz oder lang, muss man sich bewegen, klar positionieren oder ist dem Untergang geweiht. Eine diffuse Positionierung mag je nach Marktsituation und Wettbewerbsintensität einige Zeit funktionieren. Von einer Nische zu sprechen, wäre Schönfärberei.
Warum ist heute der Preiswettbewerb in der Finanzbranche intensiver als noch vor einigen Jahren? Im Asset Management oder auch in der Vorsorge steigt der Druck. Zum einen ist das Kundenbewusstsein gestiegen. Die Kundenawareness in Bezug auf Kosten ist eine andere als noch vor zehn Jahren. Zum anderen ist da ein neues Wertverständnis. Im Zeitalter von «sharing is caring», d.h. dass zum Erfolg führt, wer Wissen und Fakten teilt gehört Transparenz dazu. Kunden möchten echten Mehrwert erleben und verstehen, wofür sie bezahlen.
Verstehen Sie Ihre Marge?
Ob nun Marge oder Profitabilitätsbetrachtung. Sie gehört zu den Basics, die oft zu wenig Aufmerksamkeit und Achtung erfahren. Wichtig ist eine einheitliche Kennzahl oder ein Kennzahlenset, das zur regelmässigen Evaluation dient. Diese muss stringent für alle Produkte angewendet werden, neue und bestehende, um Vergleichbarkeit zu schaffen und darf den Stand eines Produktes im Life Cycle nicht vernachlässigen. Erwarten Sie nicht, zwei Mal im Jahr signifikante Schlüsse ziehen zu können, wenn in der Zwischenzeit niemand mit Erfassung und Pflege der Datenqualität beauftragt war. Der Grundsatz «garbage in, garbage out» – gilt auch hier.
Eine Chance liegt hier in der Automatisierung und AI Anwendung. Für die Datenbasis sind Sie immer noch selbst verantwortlich. Sales, AuM oder Prämieneinnahmen sind einfach zu tracken. Schwieriger wird es auf der Aufwandseite. Zwei Spannungsfelder duellieren sich hier: Vollständigkeit und Detaillierungsgrad. Grösster Kostenblock sind traditionell die Personalkosten. Konkret, was ist zum Beispiel mit den Systemlizenzkosten, aus denen die Referenzwerte für die Performanceberechnungen stammen, welche in die Produktdokumentationen fliessen? Bis in welche Detailstufe wollen Sie gehen oder wie approximieren Sie? Und zweiter Zankapfel ist oftmals der interne Kostenschlüssel. Praktisch jedes Produkt ist eine Teamleistung, d.h. es werden Kompetenzen von verschiedenen Abteilungen, in unterschiedlicher Tiefe und Häufigkeit je nach Stand im Produktlebenszyklus, benötigt und abgerufen. Input und Mitarbeit von Funktionen wie Compliance oder Legal sind eher gestiegen. Grundsatzfrage ist sollen diese berücksichtigt werden, wenn ja in welchem Ausmass. Interne Kostenschlüssel können auch wohlgehütete Geheimnisse oder Tabuthemen sein.
Hier müssen Sie den für Sie und ihr Unternehmen gangbaren und nach Aufwänden vertretbaren Weg finden. Immer unter der Prämisse, dass sämtliche eingesetzte Vereinfachungen und Annahmen transparent kommuniziert werden.

Kostentransparenz und Vogelstrauss
Regelmässiges Monitoring ist unerlässlich. Eine Obsession oder Führen durch Marge greift zu kurz und ist ein strategisches Vogelstraussverhalten. Man steckt den Kopf in den selbstgewählten Sand.
Das Verständnis für die eigene Marge oder Produktprofitabiliät darf zudem kein internes Kopfmonopol sein oder nur einem auserwählten Kreis verfügbar gemacht werden. Damit alle Stellen ihren Beitrag leisten können und am gleichen Strang ziehen, ist das Teilen dieser Informationen echtes «Caring» im Sinne von Firma und Kunden.
Um nachhaltige Entscheidungen treffen zu können braucht es mehr als Kostentransparenz und Margenverständnis. Im Kontext der Lebensdauer eines Produktes oder dem Stand im Produktlebenszyklus betrachtet, können wichtige Schlüsse auf Erwartungen und Handlungsbedarf gezogen werden.
Neue Produkte – NEIN oder?
Egal ob Sie mit einer Zielmarge oder einem erwarteten Margenband arbeiten, Quersubventionierung und Intensivierung wie Sonderkonditionen und Rabatte müssen aus einem dedizierten Topf kommen. Der strukturierte und vor allem strategische Umgang damit ist ein eigenes Thema. Verwässern Sie Ihre Profitabilität nicht so, dass Sie es nicht mehr nachvollziehen können.
Bedenken Sie noch den Faktor Zeit. Wo stehen Sie in zwei oder drei Jahren, wenn Sie heute nichts Neues schaffen?
Es mag nach einer kurzfristigen, taktischen Entscheidung klingen, strategisch ist es ratsam vorzuarbeiten und bereit zu sein. Der Markt bewegt sich immer schneller. Stillstand oder Abwarten kann über die Positionierung entscheiden und wie sehr Sie es selbst in der Hand haben «stuck» oder eben nicht zu sein. Zudem erhöht es den eigenen Handlungsspielraum. Man kann durchaus mit dem gewählten go to market Zeitpunkt Rücksicht auf die Marktsituation nehmen.
NICHT in die Falle tappen
Gerade jetzt neue Produkte lancieren, das müssen wir ja sagen, denken Sie jetzt. Da wir auch mit Produktentwicklung unser Geld verdienen. Nein, es ist vielmehr eine Haltung. Stillstand ist keine Option. Ursachenanalyse und Adjustieren des Kurses oder Neupriorisierung ist kein Stillstand. Die eng mit dem Selbstverständnis und der Kundenorientierung zusammenhängt.
3 Dinge, die Sie tun können
- Überprüfen Sie ihren Product Life Cycle Prozess: wie vollständig ist er? Wird er durchgeführt? Fehlen wichtige Schritte? Welche Gaps müssen geschlossen werden?
- Wie viele Ihrer Product Management Ressourcen sind aktuell wirklich mit neuen Produkten beschäftigt? Mit Bestandespflege und Life Cycle Management? Sind es weniger als 80%? Dann sind Sie in zwei Jahren an genau dem gleichen Ort und im Markt abgehängt, oder «stuck in the middle»
- Machen Sie eine Margenanalyse und identifizieren Sie zwei Produkte, die das Potential zur Weiterentwicklung haben. Wie gut schätzen sie ihre interne Transparenz der Produktkosten ein?
Lassen Sie uns gemeinsam darüber sprechen, wie wir Ihre Position im Margen-Game auf das nächste Level heben können.